Biometrische Videoüberwachung am Bahnhof Südkreuz

Von 2017 bis 2018 hat die Bundespolizei am Berliner Bahnhof Südkreuz mit Gesichtserkennung experimentiert. Sie wollte herausfinden, wie gut Gesichter in einer Menschenmenge erkannt werden. Die Polizei manipulierte die Ergebnisse, um sie weniger schlecht aussehen zu lassen und feierte das Experiment als großen Erfolg.

Die getesteten Systeme hatten eine so hohe Falscherkennungsrate, dass allein am Bahnhof Südkreuz mit seinen rund 90.000 Reisenden pro Tag täglich mindestens 600 Menschen fälschlicherweise als gesuchte Personen verdächtigt würden.

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Verhaltensüberwachung von und mit Fraunhofer in Mannheim

Die Polizei Mannheim und Fraunhofer IOSB testen bereits seit 2018 ein System, das Verhalten überwacht. Das System funktioniert nicht, das Pilotprojekt wurde nach 5 Jahren um weitere 3 Jahre bis 2026 verlängert. Das System soll Schwierigkeiten haben, Umarmungen von „kriminalistisch bedeutsamen Handlungsabläufen“ zu unterscheiden.

Das System wird mit ähnlich wenig Erfolg auch in Hamburg erprobt.

Predictive Policing bei der S-Bahn Hamburg

Im ersten Quartal 2025 möchte die S-Bahn Hamburg ein System testen, das diverse Daten in Echtzeit auswertet, um Sicherheitskräften Einsatzorte zu empfehlen.

Unter anderem fließen Wetter, Auslastung, Fahrplan und Betriebsstatus in die Auswertung ein. Ob und wie Daten über vergangene Einsätze genutzt werden, ist nicht bekannt. Es ist unklar. ob “Sicherheitskräfte” nur eigenes Personal meint oder auch die Polizei.

Verhaltensüberwachung durch die Hamburger Hochbahn

Die Hamburger Hochbahn (betreibt U-Bahnen und Busse) möchte 2025 im Rahmen eines Pilotprojekts “sicherheitsrelevante Muster in Videobildern erkennen”. Zu diesen Mustern gehören auch ein ungewöhnlich langer Aufenthalt am Bahnsteig, eine tätliche Auseinandersetzung oder Vandalismus. Dokumente möchte die Hochbahn aber nicht herausgeben.

Es ist nicht bekannt, an welchen Haltestellen Passagiere zu Versuchskaninchen werden. Die Hochbahn betont, dass das Vorgehen DSGVO-konform sei und Datenschutz und -sicherheit erfüllt werden. Wie dies passiert, führt die Hochbahn nicht aus.

Gesichtserkennung im Berliner Zoo

Der Berliner Zoo plante 2021 Gesichtserkennung zur Einlasskontrolle mit Technik von HKS Systeme. Die Technik würde auch von anderen Zoos eingesetzt werden. Die Berliner Datenschutzbeauftragte kannte die Pläne nicht und auch die Berliner Politik war nicht begeistert. Erst wenige Monate zuvor hatte der Zoo Daten seiner Besucher*innen “verloren”.

Die Berliner Beauftragte für den Datenschutz schickte einen Fragenkatalog an den Zoo. Dieser kann bei FragDenStaat eingesehen werden. Anfang und Mitte 2022 lief das dazugehörige Prüfverfahren noch, so dass die Antworten des Zoos noch nicht befreit wurden. Der Zoo ruderte vorerst zurück.

Die GdP fordert

Wie erwartet meldet sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nach dem schlimmen Messerangriff in Hamburg, um einmal mehr einen massiven Grundrechtseingriff zu fordern.

Bereits in der Vergangenheit forderte die GdP u.a. Vorratsdatenspeicherung, Videoüberwachung, noch mehr Videoüberwachung, Bodycams, verdachtsunabhängige Kontrollen und Gesichtserkennung. Zu viele dieser Forderungen wurden erfüllt.

Doch offenbar ließen sich soziale Probleme bisher nicht mit dem Einsatz von immer mehr Überwachung lösen. Dennoch nutzt die Gewerkschaft auch den jüngsten Angriff, um noch mehr Überwachung zu fordern ‒ in der bizarren Hoffnung, dass die sozialen Probleme mit dem Einsatz von nur noch etwas mehr Technik gelöst werden.

Die aktuelle Forderung nach dem Einsatz von Verhaltenserkennung suggeriert, dass eine KI Straftaten verhindern könnte, noch bevor sie passieren. Sie erweckt den Eindruck technologischer Objektivität, obwohl in Wahrheit fehlerhafte, intransparente und diskriminierende Systeme eingesetzt werden. Diese Systeme schaffen kein Mehr an Sicherheit, sondern nur eine Kontrolle aller. Die GdP verkauft wieder ein trügerisches Sicherheitsgefühl, liefert aber nur Totalüberwachung.

Den Überwachungsforderungen der GdP sollte nicht unkommentiert Raum gegeben werden.

Verhaltensüberwachung am Hansaplatz

flamenc, Neue Hansaplatz 2011, CC BY-SA 3.0
flamenc, Neue Hansaplatz 2011, CC BY-SA 3.0

Die Hamburger Polizei experimentiert seit 2023 am Hamburger Hansaplatz mit einer Verhaltenserkennung. Offenbar genügt die Kameraüberwachung nicht mehr, um Personen auf die angrenzenden Spielplätze zu verdrängen. Die Polizei rüstet also auf. Ohne vorherige Ausschreibung investiert sie in intelligente Überwachungssensoren, die Menschen “digital skelettiert”. Die Bewegungen der Skelette werden anschließend analysiert. Skelette, die sich nicht angepasst und unauffällig verhalten, lösen einen Alarm aus.

Das System, das vom Fraunhofer IOSB entwickelt wird, funktioniert nicht. Deren Pilotprojekt in Mannheim wurde nach 5 Jahren um 3 Jahre verlängert. Das System soll Schwierigkeiten haben, Umarmungen von “kriminalistisch bedeutsamen Handlungsabläufen” zu unterscheiden.

Die erste Phase der Intelligenten Videobeobachtung (IVBeo) ist abgeschlossen. Die Polizei hat sich selbst evaluiert und kam wie auch am Berliner Südkreuz auf berauschende Ergebnisse. Tatsächlich funktioniert das System kaum.

Auch in der zweiten Phase, IVBeo2, ist die Polizei hinsichtlich der eingesetzten Systeme wenig transparent. Immerhin eine Verwaltungsvorschrift wird geteilt. Aus dieser geht hervor, dass das System nicht nur getestet werden soll, sondern auch Trainingsdaten erfasst. Der zweite Versuch läuft seit September 2025.

Zu dem Thema gibt es einige Anfragen (und einen Antrag) in der Bürgerschaft:

Weitergabe und biometrische Verarbeitung von Bildern aus INPOL-Z

Im Jahr 2019 wurde das Fraunhofer-Institut für graphische Datenverarbeitung (IGD) vom Bundeskriminalamt (BKA) beauftragt, einen leistungstechnischen Vergleich von markterhältlichen Gesichtserkennungssystemen vorzunehmen. Vier Systeme verschiedener Hersteller sollten hinsichtlich ihrer Erkennungsleistung evaluiert werden. Hierfür stellte das BKA verschiedene Bildersammlungen, insgesamt ca. 8 Millionen Gesichts- und Halbprofilbilder, aus INPOL-Z zur Verfügung. Die INPOL-Datei enthält vorwiegend Bilder aus erkennungsdienstlichen Behandlungen. Viele Bilder werden rechtswidrig gespeichert. Der von Fraunhofer angefertigte Evaluationsbericht wurde mit FragDenStaat befreit und kann hier abgerufen werden.

Seit April 2021 prüft der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), ob die Weitergabe der Bilder und die mit dem Test einhergehende Verarbeitung biometrischer Daten datenschutzrechtlich zulässig war. Weitergabe und die biometrische Verarbeitung waren jedoch nicht Gegenstand seiner INPOL-Z-Prüfung im Oktober 2021. Auch im April 2022 sollte die Prüfung noch andauern.

Gesichtsbilder von Personen, die zwischen 2012 und 2019 zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung gezwungen wurden, könnten also zu Forschungszwecken an das Fraunhofer-Institut gelangt sein. Die mutmasslich Betroffenen können ihr Beschwerderecht gemäß Art. 77 DSGVO nutzen, um sich beim BfDI, der datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörde des BKAs, zu beschwerden, auch online.